Practices of Aesthetic Thinking
Ein Sinergia-Projekt des Schweizerischen Nationalfonds SNF
1.3.2017–28.2.2021

Forschungskooperation schweizerischer Kunsthochschulen zu Formen des Denkens und Wissens in den Künsten. Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK, Leitung), Fachhochschule Nordwestschweiz Basel (FHNW), Hochschule der Künste Bern (HKB), Hochschule Luzern – Kunst und Design (HSLU).

 

Abstract

Kunst ist eine Praxis. Sie ist weniger eine Darstellungs- oder Gestaltungsform, als ein Denken, das auf Praktiken des Experimentellen, der Forschung und des Wissens basiert. Gegenstand solcher Praktiken kann, je nach Fragestellung, im Prinzip alles werden: die Wahrnehmung und ihre Grenzen, Verfahren der Wissensproduktion, Prozesse der Partizipation und Kooperation, ökonomische Paradoxien, die Indifferenz zwischen Aktivität und Passivität, materielle Ökologien, Erfahrungen existenzieller Grenzgänge, die Unausweichlichkeit der Herrschaft, technologische Unverfügbarkeiten oder die Wahrheit der Falschheit und die Falschheit der Wahrheit, um nur einige zu nennen. Man kann dabei den Künsten eine eigene, durch nichts zu ersetzende Erkenntniskraft zubilligen – eine singuläre Weise des Denkens und Wissens, das sich anders als mit sprachlichen Mitteln manifestiert: durch Bilder, Zufälle, Klänge, räumlichen Konstellationen oder auch durch Verfahren des Essays, durch Fragmentierung und Unterbrechung, durch die Resensibilisierung einer Passivität, durch die Sprengkraft des Witzes, durch mikropraktische Pharmakologien oder paradoxe Interventionen, durch die Askesen des Lassens anstelle der Wut akzelationistischer Aktionen oder durch die Kompromisslosigkeit einer ästhetischen Kritik, die sich auf die vielfältigen Relationen zwischen Werk und Nichtwerk, Kunst und Markt, Produktion und Rezeption, Künstlerin und Betrachter, Publikum und Macht und vieles mehr bezieht.

Vom Übertritt zwischen Kunst und Wissenschaften, von einer Kunst als Forschung oder auch der Forschung als Kunst ist seit einiger Zeit die Rede, ein Trend, der die Kunst jedoch fortschreitend zu verakademisieren droht, um sich mehr und mehr an wissenschaftsinstitutionelle Formate wie dem PhD oder drittmittelgeförderten Projekten anzuschließen. Quer zu diesen Tendenzen versucht das Sinergia-Kooperationsprojekt von vier schweizerischen Kunsthochschulen wieder die Frage nach dem ästhetischen Denken zu stellen – nach der Eigenart nichtdiskursiver Praktiken des Denkens in den Künsten, ihrem Eigensinn und ihrer eigenen Geltung. Dies geschieht auf der Grundlage von vier grundlegenden Reflexionsfeldern: Episteme mit den Praktiken des Witzes und der Inspiration, der Formen und Geschichte des essayistischen Prinzips, der Konstitution und Praxis von Kunst als Kritik und der Kritik der Kunst, sowie schließlich durch Formen radikaler ästhetischer Erziehung und Kunstpädagogik wie auch der radical pedagogies als Kunst. Im Rückgang zu den philosophischen Ästhetik des 18. Jahrhunderts, im Durchgang durch ihre spezifische Art der ‹Arbeit› an der Wahrheit und des Wissens wird so versucht, die zeitgenössische Rede von forschenden Künsten allgemeiner fassen, nämlich als den besonderen Beitrag der Künste zu einer Erkenntnispraxis, die in einer Epoche ungehemmter Wissenschaftsgläubigkeit eine einige Sprengkraft besitzt.

 

Beteiligte Personen

Projektleitung:
Prof. Dr. Dieter Mersch, ZHdK
Nicolaj van der Meulen, FHNW
Jörg Wiesel, FHNW
Silvia Henke Dean, HSLU
Thomas Strässle, HKB

Doktoranden:
Wiktoria Furrer, HSLU
Aurel Sieber, HKB
Henryetta Duerschlag, FHNW
Post-Doc:
Michael Mayer, ZHdK

 

Kontakt

Katrin Stowasser, ZHdK
Projektkoordination
+41 43 446 65 04

 

Design: Resort, Zürich